Naturschutz in Stuttgart - Landschaftspflege


NABU-Grundstück  - An der Wangener Höhe bei Rohracker


Durch Grundstückskauf und -pacht versucht der NABU wertvolle Gebiete für Mensch und Natur zu sichern und zu entwickeln. Dies spielt beim NABU schon seit der Gründungszeit des Verbandes eine wichtige Rolle.

 

Dieser Tradition folgend erwarb der NABU Stuttgart 1989 und 1994 zwei Gartenparzellen im Landschaftsschutzgebiet „Wangener Höhe“ am Hang zum Dürrbachtal bei Rohracker.

 

Foto: Grünfläche Rohracker, Susanne Zhuber-Ober
Foto: Grünfläche Rohracker, Susanne Zhuber-Ober

 

Das Grundstück - ehemalige Weinberge

Hierbei handelt es sich um ehemalige Weinberge in terrassierter Steillage, die heute teils aus Obstbaumwiesen und teils aus mageren Halbtrockenrasen bestehen. Die Terrassierung entsteht durch die für den historischen Weinbau typischen Trockenmauern. Diese Mauern stellen für sich genommen nochmal einen eigenen Lebensraum für verschiedenste Pflanzen und Tiere dar.

 

Warum wir diese Grünflächen pflegen?

Unsere Arbeiten auf den Grundstücken dienen daher dem Erhalt dieser besonderen Landschaftsform. Neben der regelmäßigen Mahd der Wiesen, die je nach Trockenheit ein- bis zweimal pro Fläche und Jahr durchgeführt werden muss, werden auch die Trockenmauern und Staffeln regelmäßig gepflegt. Hinzu kommt die natürliche Sukzession*. In diesem Fall bedeutet das den Bewuchs der Wiesen mit Bäumen und Sträuchern. Diese Pflanzen müssen bei der Mahd teils extra angegangen werden, um sie samt Wurzeln zu roden.

 

     *Die Sukzession beschreibt in der Ökologie die natürliche Rückkehr von Tier-, Pflanzen- und Pilzarten (Biozönose) in ein Ökosystem, nachdem es gestört wurde. Wenn das Gebiet vollständig zerstört wurde, beginnt eine Primärsukzession. Falls nur Teile beeinträchtigt wurden, handelt es sich um eine Sekundärsukzession.


Der Kreuzrein im Feuerbacher Tal



Im Jahr 2000 hat der NABU Stuttgart die Pflegepatenschaft für das nach §32 Naturschutzgesetz besonders geschützte Biotop „Trespen-Halbtrockenrasen Kreuzrain in Zazenhausen“ für die Stadt Stuttgart übernommen. Die ca. 1200 m² große Fläche ist Teil des Naturschutzgebietes „Unteres Feuerbachtal mit Hangwäldern und Umgebung“ und gilt wegen seiner besonderen Vegetation und seiner spezifischen Flora als selten und wertvoll für das Stuttgarter Stadtgebiet.

 

Foto: Kathäuser Nelke, Arznei - Thymian, Susanne Zhuber Okrog, NABU


Bei der letzten offiziellen Bestandsaufnahme 2007/2008 wurden 79 Pflanzenarten auf der Kreuzrain-Fläche festgestellt, zum Beispiel Großer Ehrenpreis, Aufrechter Ziest und der Arznei -Thymian. Dank der regelmäßigen Pflegeeinsätze wurde seit dem Jahr 2005 der Neuntöter wieder als regelmäßiger Brutvogel im Kreuzrain beobachtet. Außerdem wurden bei einer früheren Erhebung 21 Wildbienen-Arten festgestellt.

 

Ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des NABU Stuttgart organisieren jedes Jahr im Herbst den Pflegeeinsatz für den Kreuzrain, bei dem neben der Mahd regelmäßig auch der Rückschnitt der Gehölze auf dem Programm steht. Der regelmäßige Rückschnitt der Gehölze erfolgt bei Bedarf im Februar, damit im Herbst die Früchte als Vogelfutter

erhalten bleiben.

 


Ein einzigartiges Vogelhabitat – die Vördere bei Kornwestheim

Foto: Pflege Vördere, Hartriegel muss raus, Gabriele Maas, NABU
Foto: Pflege Vördere, Hartriegel muss raus, Gabriele Maas, NABU

 

Wem gehört die Fläche?

Das Militärgelände gehörte dem Bund, verwaltet durch die Bundesvermögensanstalt. Erst nach Jahrzehnten Aufgabe der militärischen Nutzung hat die Stadt Stuttgart nun ca. 48 Hektar der Fläche erworben, wofür sich der NABU schon sehr lange eingesetzt hatte.

 

Warum pflegt der NABU die Vördere?

Die Vördere zwischen Kornwestheim, Stuttgart und Remseck gelegen, hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich und war rund 20 Jahre lang das ornithologisch herausragendste Gebiet in Stuttgart, bevor die Sukzession* das Offenland in eine Gebüsch Fläche verwandelte. Die ursprünglich offenen Flächen, teils mit Schotter, anfangs teils noch Rohboden oder auch nur die Mikrohabitate durch die Aktivität der Wildkaninchen im Wechselspiel mit einer dauerhaften Wasserfläche und vielen Pfützen und hier und da etwas Gebüsch war ein optimaler Habitat-Mix nicht nur für Vögel. Auch für die Insektenwelt mit Sandlaufkäfern, Ödlandschrecken und für Amphibien wie die Wechselkröte war der offene Pioniercharakter sehr wertvoll. Um diese Habitat Vielfalt teilweise wieder herzustellen, ist es nötig, die Gebüsch-Sukzession in vielen Bereichen wieder zurückzudrängen.

 

            *Die Sukzession beschreibt in der Ökologie die natürliche Rückkehr von Tier-, Pflanzen- und Pilzarten (Biozönose) in ein Ökosystem, nachdem es gestört wurde. Wenn das Gebiet vollständig zerstört wurde, beginnt eine Primärsukzession. Falls nur Teile beeinträchtigt wurden, handelt es sich um eine Sekundärsukzession

 

 

Was war vorher auf diesem ca. 50 Hektar Gelände?

Bevor die Vördere zu einem Naturparadies auf Zeit wurde, diente sie als Militärgelände für amerikanische Truppen und als Mülldeponie. Später wurde die Deponie mit Rohboden abgedeckt und der lange Sukzessionsprozess nahm nach Abzug der Truppen seinen Anfang. Die Panzergruben aus dieser Zeit, wie auch der lockere Boden der Deponieabdeckung sind heute noch kleine Pluspunkte für die Habitat Vielfalt. 

 

Was ist zur aktuellen Situation zu berichten?

Die Stadt Stuttgart hat gemäß ihrem Artenschutzkonzept von 2017 erste Maßnahmen eingeleitet und schrittweise größere Flächen maschinell von der Gebüsch-Sukzession befreit. Ständige Pflege soll diese offen halten und die Waldrandsukzession soll zurückgenommen werden. Die Pflegeaktionen des NABU können zwar nicht so großflächig wirken, aber sehr gezielt in besonders wichtigen Bereichen diese Pflege unterstützen.

 

Foto: Dorngrasmücke,
Foto: Dorngrasmücke,

Welche Tiere kommen vor und was brauchen sie?

Einige Arten von Pionierstandorten sind verschwunden, wie die Wechselkröte, der Flußregenpfeifer, der Kiebitz und der Steinschmätzer. Nach wie vor aber sind für Stuttgart wichtige Brutvorkommen von Dorngrasmücke, Nachtigall, Neuntöter und Sumpfrohrsänger vorhanden und auch mögliche Brutvögel wie Schwarzkehlchen, Rebhuhn oder zukünftig Orpheusspötter regelmäßig zu sehen. Für regelmäßige Durchzügler und Wintergäste wie Bekassine, Wiesen- und Baumpieper, Kornweihe und für auch Raritäten wie Brachpieper, Sumpfohreule, Ringdrossel sind die offenen Wiesen- und Staudenfluren in Verbindung mit einigen Gehölzen und Pfützen ein attraktiver Rastplatz. Das für Stuttgart einmalige Vorkommen des Wildkaninchens ist eine weitere Besonderheit.

 

Klaus Lachenmaier

 

Foto: Neuntöter, NABU Kathy Büscher, Sumpfrohrsänger, NABU